Ausblick auf die CS-​Session und Rück­blick auf die Früh­lings­ses­sion 2023

Worum es in der ausserordentlichen Session zur Rettung der Crédit Suisse geht und welche wichtigen Themen in der Frühlingssession behandelt wurden.

Wir waren mitten in der Debatte zur Umsetzung der Energiewende, als uns am Mittwochabend Ende der Frühlingssession die Ankündigung der Nationalbank überraschte, die CS notfalls mit 50 Milliarden Liquiditätshilfe zu stützen. Wie ihr wisst, ging es dann rasend schnell: Am darauffolgenden Sonntagabend gab der Bundesrat das Ende der CS und die Übernahme von Milliardenrisiken durch den Staat bekannt.

 

In diesen turbulenten Tagen kamen wir nicht mehr dazu, euch unmittelbar über die Frühlingssession zu berichten. Es waren gewichtige Themen – von der Pensionskassen-Reform über den Ausbau der erneuerbaren Energien bis zur Kita-Finanzierung –, die am Schluss durch das CS-Debakel überschattet wurden. Wir möchten daher heute diesen Rückblick nachholen. Zuerst aber werfen wir den Blick auf die ausserordentliche CS-Session.

Systemversagen im Bankensektor: Nichts tun ist keine Option

Innert 15 Jahren musste der Staat das zweite Mal Milliardenrisiken für eine der zwei grössten Schweizer Banken übernehmen. Die Allgemeinheit steht gerade für das spekulative Verhalten einer gewinnorientierten Bank – ohne Gegenleistung. Hätte der Bund nicht interveniert, wäre die CS bei Börsenöffnung nach diesem denkwürdigen Wochenende kollabiert und das hätte eine globale Finanzkrise ausgelöst.

 

Die durch die CS verursacht Krise ist ein Systemversagen. Die SP hat immer wieder darauf hingewiesen, dass die Too-big-to-fail-Regelung nicht ausreicht. Doch all unsere Vorschläge für bessere Rahmenbedingungen für das Bankengeschäft wurden immer wieder mit dem Argument vom Tisch gewischt, man müsse die Banken einfach machen lassen, Vorschriften würden nur schaden. Jetzt kritisieren alle bürgerlichen Parteien lautstark die Boni der CS. Aber im Parlament haben sie unsere Forderung, Bonuszahlungen für systemrelevante Banken zu unterbinden, stets abgelehnt. Wir hatten keine Chance gegen die Bankenlobby.

 

Mit der CS-Krise sollte es allen klar sein: Das Risiko im Bankensektor muss dringend minimiert und die Auswirkungen für die Gesellschaft begrenzt werden. Die Politik ist gefordert, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, damit so etwas nie wieder passiert. Wir werden uns mit aller Kraft in der ausserordentlichen Session dafür einsetzen, dass jetzt endlich dieser Gesetzgebungsprozess startet. Wenn die Bürgerlichen auch diesmal nicht bereit sind, strengere Leitblanken für die Grossbanken in Auftrag zu geben – und leider gibt es erste Anzeichen dafür –, wäre das ein Skandal.

 

Und nun zum versprochenen Rückblick auf die Frühlingssession.

Pensionskassen-Reform: keine faire Lösung

Mit der AHV21 wurde das Frauenrentenalter erhöht und gleichzeitig versprochen, die Rentensituation der Frauen und jenen mit tiefen Einkommen zu verbessern. Heute sind die Frauenrenten rund einen Drittel tiefer als die Männerrenten. Doch die Pensionskassen-Reform bringt keine faire Lösung, im Gegenteil: Das Parlament hat eine Vorlage verabschiedet, die weder die Renten sichert noch die Frauen in der zweiten Säule besserstellt. Unter dem Strich bedeutet die Revision, dass wir mehr zahlen müssen für schlechtere Renten, wie Mattea Meyer im Rat klarstellte. Das nehmen wir nicht hin. Die SP hat deshalb zusammen mit den Gewerkschaften das Referendum lanciert.

 

Jede dritte Frau ist keiner Pensionskasse angeschlossen, weil sie Teilzeit arbeitet und zu wenig verdient. Erhält eine Frau eine Pensionskassenrente, dann ist diese im Durchschnitt nur halb so hoch wie jene der Männer. Dass die Bürgerlichen den Bogen massiv überspannt haben, zeigt sich unter anderem daran, dass sogar traditionell nicht gerade linke Verbände wie Gastrosuisse und der Bauernverband sich gegen die Reform positionierten. Es ist ein bedeutendes Referendum und unsere Forderung ist klar: Die Bürgerlichen müssen ihre Versprechen einlösen und die Renten für Frauen verbessern.

Ein wichtiger Schritt für die Energiewende

Während rund zehn Stunden diskutierte der Nationalrat über den Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien, den sogenannten Mantelerlass. Die Vorlage aus der Kommission war ein gut ausgewogener Kompromiss zwischen Schutz- und Nutzinteressen, der auch von den Umweltverbänden mitgetragen wird und von der SP massgeblich geprägt wurde.

 

Das Ja des Nationalrats ist ein wichtiger Schritt in Richtung Energiewende. Es schafft die Grundlage für den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung nuklearer und fossiler Energieträger. Besonders begrüssen wir den Ausbau der Solarenergie bei Neubauten, die Entwicklung der Windenergie oder die Festlegung von Effizienzzielen für Stromverbrauch und -versorgung. Das Geschäft geht nun zurück in den Ständerat. Dort braucht es noch Justierungen im Bereich Restwassermenge und Verfahrensvereinfachung, damit am Schluss kein Absturz droht.

Kinderbetreuung wird mehr gefördert

Kinderbetreuung ist in der Schweiz für die Eltern teuer. Und ob sich eine passende Kita findet, ist stark vom Wohnort abhängig. Wichtig wäre auch eine Stärkung der Qualität und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Auch aus diesem Grund hat die SP die Kita-Initiative lanciert. Wir brauchen nur noch wenige Unterschriften. Wer noch Bögen zu Hause hat, schickt diese bitte so schnell wie möglich ein.

 

In der Frühlingssession hat der Nationalrat bei der Kinderbetreuung einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan. Die heutige Anstossfinanzierung soll in eine permanente Finanzierung umgewandelt werden. Eltern sollen mehr Zuschüsse an die Betreuungskosten erhalten. Zudem soll mehr in die frühe Förderung und in die Qualität investiert werden. Die Vorlage geht jetzt in den Ständerat. Warum die Förderung der Kinderbetreuung wichtig ist, erläutert Min Li Marti im Streitgespräch mit Nadja Umbricht-Pieren.

Sexualstrafrecht: Ein sinnvoller Kompromiss

Die Revision des Sexualstrafrecht ist entscheidend weitergekommen. Die Rechtskommission des Ständerats ist dem Nationalrat mit einem sehr guten Kompromiss entgegengekommen. Zwar will er keine Ja-heisst-Ja-Lösung, sondern bleibt bei der Nein-heisst-Nein-Lösung. Entscheidend ist, dass zusätzlich das sogenannte «Freezing» als Nein gewertet wird, also wenn das Opfer in eine Schockstarre gerät. Zudem will der Ständerat auch in die Täterarbeit investieren. Diese Programme zeigen bei der häuslichen Gewalt – der Kanton Zürich ist hier führend –, dass damit die Rückfallquote entscheidend sinkt.

 

Der Ständerat hat diesem Kompromiss zugestimmt. Der Nationalrat wird voraussichtlich folgen. Die Revision des Sexualstrafrechts ist ein wichtiger Fortschritt im Vergleich zu heute. Dieser Fortschritt ist auch massgeblich der SP zu verdanken, die den Kompromiss entscheidend geprägt hat.

Wiederausfuhr von Kriegsmaterial: Ukraine unterstützen

Die Mehrheit der Nationalratsfraktion ist der Ansicht, dass die Schweiz ihren Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten und dementsprechend die Ukraine stärker unterstützen muss. Dazu gehören – selbstverständlich nicht nur, aber eben auch – indirekte Waffenlieferungen.

 

Eine Motion der sicherheitspolitischen Kommission, welche die SP eingebracht hatte, hätte eine auf dem Völkerrecht basierende, eng gefasste Ausnahme für die Ukraine dargestellt, wie Priska Seiler Graf im Rat ausführte. Konkret hätte die Motion gefordert, die Wiederausfuhr von ehemals Schweizer Kriegsmaterial aus Ländern wie Deutschland, Dänemark oder Spanien zu erlauben, sofern der UNO-Sicherheitsrat oder eine Zweidrittelmehrheit der UNO-Generalversammlung die Verletzung des völkerrechtlichen Gewaltverbots feststellt – wie dies beim Angriff Russlands auf die Ukraine der Fall war. Leider fällt wegen einer Kehrtwende der FDP das Kriterium der UNO-Generalversammlung weg, was dazu führt, dass die Motion der Ukraine nun nicht helfen wird. Wir bleiben aber dran am Thema, es sind noch weitere Vorstösse in der Pipeline (zur Thematik siehe auch das Interview von Cédric Wermuth in der NZZ).

 

Der Ständerat hat zudem eine FDP-Motion für die Lockerung der Nichtwiederausfuhr-Vorgaben, die der Ukraine nichts gebracht hätte, knapp abgelehnt. Daniel Jositsch legte in seinem Votum dar, weshalb er aus neutralitäts- und friedenspolitischen Gründen gegen eine Lockerung der Nichtwiederausfuhrbestimmung ist.

Vorsichtig positive Dynamik für die Beziehungen Schweiz-EU

Am 29. März hat der Bundesrat entschieden, bis im Juni Eckwerte für ein Verhandlungsmandat zu den künftigen Beziehungen Schweiz-EU zu erarbeiten. Wir sind erfreut, dass es endlich ein positives, wenn auch zaghaftes, Signal für eine bessere Zusammenarbeit mit Europa gibt.

 

Damit die hoffentlich bald beginnenden Verhandlungen erfolgreich sein können, ist es zentral, dass diese unter positiven Vorzeichen starten. Die SP schlägt in ihrer «Roadmap Europa» deshalb vor, schrittweise vorzugehen und Vertrauen zu schaffen, so dass die Schweiz so rasch als möglich bei den Kooperationsprogrammen wie Horizon Europe und Erasmus+ mitmachen kann. Ausserdem braucht es vor Verhandlungsbeginn innenpolitisch breit abgestützte Vorschläge bei den umstrittenen Fragen.

 

In der Frühjahrssession hat der Nationalrat deshalb entschieden, dass das Parlament frühzeitig einbezogen werden muss. In den ebenfalls am Rande der Session stattfindenden Treffen der Aussenpolitischen Kommissionen mit dem Vize-Präsidenten der EU-Kommission, Maroš Šefčovič, konnten sich Daniel Jositsch und Fabian Molina aus erster Hand über den Stand der Sondierungen informieren.